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Hermann Aukenthaler

Nachname:
Aukenthaler
Vorname:
Hermann
geboren:
1937-03-21
Zugehörigkeit:
SüdtirolerIn
letze Änderung:
Wed Nov 04 13:58:24 UTC 2020
Biographie
Als Hermann Aukenthaler am 21. März 1937 in Pflersch zur Welt kommt, sollte Südtirol bald nie mehr so sein, wie es einst war. In seinem Geburtsjahr herrscht in Deutschland bereits seit vier Jahren Staats- und Reichführer Adolf Hitler, als Österreichs Bundeskanzler amtiert seit drei Jahren Karl Schuschnigg. 1942 wäre die Familie beinahe ausgewandert. Im letzten Augenblick entscheidet sich der Vater zum Bleiben. Hermanns kurze Schulzeit beginnt mit wechselndem Deutsch- und Italienischunterricht. Von sechs Kindern ist er der älteste Sohn. Deshalb braucht Hermann nach dem Krieg keine Militärzeit durchzulaufen.Die Musterung der Pflerscher und Pfitscher erfolgt in Sterzing. Der Vater muss auch zur Musterung, weil Hermann zuvor meldete, dass die Familie eine Bauernschaft hat und der Vater nicht mehr arbeitsfähig ist. Da Hermann als Ältester den Bauernhof bewirtschaften muss, braucht er nicht einzurücken "bei den Walschen". Im Nachhinein doch ein glücklicher Jahrgang? Denn als er 1978 in Österreich die Staatsbürgerschaft erwirbt, meldet er sich pflichtgemäß erneut zur Musterung. Dieses Mal in Innsbruck. Bis zum 35. Lebensjahr hätte er einrücken müssen, doch er ist um ein Jahr zu alt. Gott sei Dank, aber er wäre immer noch tauglich gewesen! Übrigens sind bei dieser Musterung nur Ausländer, die sich um die österreichische Staatsbürgerschaft beworben hatten. Doch ehe er 1965 nach Österreich zieht, verdient Hermann mit 18 Jahren noch "ein gutes Geld" mit Holzen im Akkord. Motorsägen verändern erst um 1963 die Wälder. Das ist schon ein großer Vorteil im Vergleich zur Wiegesäge seit 100 Jahren. 1954 stirbt nach einem der kältesten Winter die Mutter, ein Jahr später der Vater. Es hatte spät geschneit im Herbst. Bei minus 20 Grad musste zirka 17 Stück Vieh versorgt werden, dazu noch die Ziegen und elf Schafe. Nach ihrem Tod musste die Mutter aus Innsbruck nach Pflersch überführt werden, damit sie in der Heimat begraben liegt. "Aber das waren Zeiten, bei jeder Kirche ist zu zahlen gewesen beim Vorbeifahren. Und da hat der Vater noch gelebt und zahlen müssen. Bei jeder Kirche hat man zahlen müssen zu der Zeit! Das ist wahr!" Südtiroler bekommen beim italienischen Staat kaum eine Arbeit, weder bei der Post noch bei der Bahn. Wenn überhaupt, dann gibt es nur in der Landwirtschaft Arbeit. Leute aus Pflersch und ziemlich viele Südtiroler gehen in die Schweiz. Hermann und ein Freund aus Pflersch verdienen dort ziemlich gut beim Holzschlagen. Im Sommer hütet er auch nebenbei Schafe. Er pachtet eine Alm mit vierzig Schafen, schaut jeden Sonntag nach den Schafen. Im Jahr 1970 pachtet er in Gschnitz eine Landwirtschaft - und er lernt seine Frau kennen. Das ist Hermanns Gebiet. Ob einst in Pflersch oder jetzt in Gschnitz, er weiß die Namen der Berge und die Pässe samt ihren Schleichwegen. Das Pflerschtal zweigt bei Gossensass nach Westen ab. Außerdem ist Pflersch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Haltestelle der Brennerbahn. Die Siedlungen des Tals gehören zu Pflersch, wiederum einer Fraktion der Gemeinde Brenner. Von Steinach am Brenner aus führt das Gschnitztal nach Gschnitz im hinteren Teil des Tals. Es erstreckt sich weiter bis zum Talschluss, wo die Berge im Süden die Grenze zu Südtirol bilden. Auf die eine oder andere Weise, Hermann bleibt mit der Heimat in Verbindung. Während der Tiroler Zöllner Albert Brecher von der Jagd nach Schmugglern erzählt, kennt Hermann Aukenthaler die andere Seite. Spaß macht es keinem. "Die Finanzer, da ist ein großer Zusammenhalt gewesen. Das ist nicht so einfach. Viele Leute haben da gar keine Vorstellung, wie hart und wie schwierig." Schmuggler sind oft auch gestorben, und es gibt Reibereien mit den Finanzern. "Man will da nit viel reden." Und doch, wie sich ein Zöllner über den gelungenen Fang freut, verschafft der geglückte Viehschmuggel eine Art Erfolgserlebnis. Hermann wohnt bereits in Gschnitz, als ein Bekannter aus Pflersch in Osttirol ziemlich viele Geißen kauft, etwa 20 Stück. In Gschnitz soll ihm Hermann helfen, die Geißen bei den Tribulaunern hinüber nach Pflersch zu bringen. Die Tribulaune, der Pflerscher-, der Gschnitzer- und der Obernberger Tribulaun, machen heutzutage den Bergsteigern Laune. Den Schmugglern bieten sie schwierige Grenzpfade zwischen Tirol und Südtirol. Die Gemeinde Gschnitz liegt da recht praktisch an der Grenze. Der Kollege schläft bei den Aukenthalers, kehrt über den Brenner heim nach Pflersch. Wegen der Lawinengefahr muss Hermann warten, bis er sich endlich auf die Suche nach den Geißen macht. Auf halbem Weg steht da ein Finanzer, hält ihn auf. Wo er denn hinginge? "Geißen suchen. Die sind mir vorm Schnee noch durch, im Tal da, in Gschnitz", erwidert Hermann unschuldig. Ob es ihm recht wäre, wenn er mitginge, fragt der Zöllner. Gemeinsam treiben sie die Geißen zusammen, führen sie hinunter. Die meisten Leute in Gschnitz haben schon verstanden, dass es wahrscheinlich "Schmuggelgoaßen" sind. Und der Finanzer hat in Gschnitz gewohnt. "Da sind drei Zollhäuser gewesen!" Der Finanzer jedoch dachte, das wären Hermanns Geißen, die nun mit seiner Hilfe zurück in ihren Stall kommen. "Aber g'wesen ist alles anders, nit, aber ist gut 'gangen." Bis 1983 lebt Familie Aukenthaler auf dem gepachteten Hof. Inzwischen kommen drei Kinder. Dann bauen sie ein Haus, behalten die Landwirtschaft aber noch weiter. 2006 geben sie die Landwirtschaft auf, pachten dafür wieder drei Hektar Feld mit einem großen Stadel und einem kleineren Stall. Dort stehen im Winter ein paar Schafe. Hermann Aukenthaler hütet auch heute noch Schafe. Die Zahl allerdings beträgt nur mehr die Hälfte, weil es in Tirol immer weniger Schafe werden. "Die guten Zeiten sind das gewesen, als wir uns ein wenig fröhlich gefühlt haben, als wir lustig gewesen sind. Das eine, es ist nicht alles gut gewesen. Aber wir sind junge Männer gewesen und zufrieden, was wir verdient haben. Da sind die Leute alle noch ganz anders gewesen. Die haben sich vertragen, die Gemeinden. Und hauptsächlich deswegen, weil wir noch alle gearbeitet haben. Und von Arbeitsmenschen wirst du auch nie viel Unfrieden hören. Wir haben alle müssen schauen, dass mir etwas gearbeitet haben, und dass mir etwas verdient haben. Und dadurch ist das eigentlich die Zufriedenheit gewesen. Und auch in allen Familien."Anju